Zwischen Stahlträgern, Kabeln und Staub

Schorndorfer Nachrichten: 15. August, von Mathias Ellwanger.

Eine Baustellenbesichtigung der künftigen Forscherfabrik mit den städtischen Kinderreportern

Schorndorf. Von der alten Galerie für Kunst und Technik ist nicht mehr viel zu sehen. Dafür sind bereits die ersten Umrisse der kommenden Forscherfabrik erkennbar. Hier soll ein Mitmach-Museum entstehen. Die Kinderreporter der Stadt begleiten das Projekt seit Anfang des Jahres – und haben nun einen Blick auf den aktuellen Stand geworfen.

Wo einst das Flugzeug des Pioniers Ernst Strähle von der Decke hing, sind nur noch Stahlträger zu sehen. Die grauen Bauteile haben das schwere Flugzeug lange Zeit stabil an der Decke gehalten. Doch schon vor sieben Jahren musste die umgebaute Halberstadt CI.IV nach einem Streit mit den Nachfahren abgehängt werden. Die Stahlträger hatten daher schon lange keine Funktion mehr. Höchste Zeit also, die tonnenschweren Relikte zu entfernen. Ungünstig nur für die Kinderreporter, die just zu diesem Zeitpunkt einen Blick auf die Baustelle werfen wollen. Denn so müssen sie warten, bis die Balken von der Decke entfernt sind. Sicherheit geht schließlich vor.

Mit Ketten werden die Stahlträger vom Dach des Gebäudes gezogen

Doch die Nachwuchsreporter wissen die Zeit zu nutzen, inspizieren den Eingangsbereich – und greifen schließlich zu Block, Stift und Fotoapparat, als die Handwerker mit dem Steiger die Decke der einstigen Eisenmöbelfabrik Arnold erreicht haben.

Die Kinder nehmen ihren Job ziemlich ernst. Im Laufe des Jahres haben sie sich immer wieder über das Projekt informiert, die Veränderungen in dem Gebäude begutachtet, Architekt und Projektleitung interviewt und in ihren Berichten die Entstehung begleitet. Zu Beginn sind sie der Baustelle mit großer Ehrfurcht begegnet. Inzwischen bewegen sie sich in dem Gebäude neugierig und ziemlich selbstverständlich. Aus den Acht- bis Zwölfjährigen sind in den letzten Monaten richtiggehende Experten in Sachen Forscherfabrik geworden.

Alle Blicke sind deshalb auch auf die Handwerker gerichtet, als diese langsam und vorsichtig den Stahlträger an einer eisernen Kette zu Boden ziehen. Auf einem Rollbrett schieben die Männer schließlich drei Balken von jeweils mehr als einer Tonne Gewicht in den Eingangsbereich. Fotoapparate und Smartphones sind gezückt, um diesen letzten Rückbau festzuhalten.

Nun kann die eigentliche Besichtigung beginnen. Nina Bahlo und Adelheid Dörling vom Stadtmuseum führen die Kinder durch die Baustelle und zeigen, was sich seit dem letzten Besuch im Frühjahr verändert hat. Ins Dach sind neun Fenster eingebaut worden. Nicht für mehr Licht, wie die Kinderreporter naheliegenderweise vermuten. Der Grund ist ein anderer: Die Brandschutzbestimmungen schreiben Rauchabzugsfenster vor. Die Helligkeit ist also nur ein (wenn auch nützlicher) Nebeneffekt.

Was derweil sofort ins Auge sticht: Statt Ausstellungsfläche auf zwei Stockwerken hat das rund 1000 Quadratmeter große Gebäude nun mehrere geschlossene Räume und eine Empore als neue Struktur. In den Kursräumen und der Zukunftswerkstatt sollen die künftigen Besucher Technik und ihre Wirkung mit Augen, Händen und Ohren selbst erfahren. Akustikwände zur Schalldämmung sind bereits verbaut.

Die Themen Mobilität und Bewegung werden in Gottlieb Daimlers Geburtsstadt einen Schwerpunkt bilden. Das Konzept ist speziell auf Kindergärten und Schulklassen ausgerichtet. Klassische Museumsführungen werden dort deshalb nicht angeboten, stattdessen wird es geführte Parcours geben, in denen Kinder zusammen mit geschulten Betreuern experimentieren können. Dafür setzen die Macher der Forscherfabrik auf insgesamt 46 Exponate, von denen fast alle eigens für die Ausstellung entwickelt werden. Die sächsische Firma Seiwo-Technik ist schon seit geraumer Zeit mit deren Konstruktion beschäftigt.

Vor der Besichtigung haben die jungen Reporter schon mal einen Blick auf das werfen können, was geplant ist. Nina Bahlo hatte der Firma in Drehbach im Auftrag der Stadt einen Besuch abgestattet und den Kindern Bilder davon gezeigt. So wird es zum Beispiel einen Lichttisch geben, auf dem sich das Spektrum des Lichts bricht. Einen vertikalen Windkanal, mit dem die Flugfähigkeit kleiner Gegenstände getestet werden kann. Einen Rütteltisch, auf dem die Kinder Spielzeugtieren Beine unterschiedlicher Anzahl und Länge verpassen und deren Stabilität testen können. Oder ein Schattentheater, für das die jungen Besucher selbst Figuren basteln können.

Wüst zusammengeknüllt hängen noch die Kabel aus den Wänden

Auf der Baustelle ist davon aber noch nichts zu erahnen. Die Räumlichkeiten sind noch im Rohbau, die Türen ohne Glas. Es ist staubig. Und überall in dem weitläufigen Gebäude verteilt liegen Kabel, schauen wüst zusammengeknüllt aus noch unverputzten Wänden. Es sind so viele, dass sich schließlich eine kleine Umfrage daraus entwickelt, wie viele Kilometer das wohl alles aneinandergereiht ergeben mag (die Schätzungen reichen von einem bis 15 Kilometer). Kinderreporter Lewin hat sich vorgenommen, das bis zum nächsten Treffen genauer zu recherchieren.

Auch auf dem Weg zum künftigen Arbeitsbereich der Noch-Stadtmuseums-Volontärin Adelheid Dörling begegnet den Kinderreportern Kabelsalat. In den historischen Kellerräumen wird die kommende Kursleiterin residieren. Dort wird auch eine Werkstatt mit Sägen und Bohrmaschinen entstehen – falls bei den Exponaten mal etwas kaputtgehen sollte.

Am Ende des Besuchs sind die Blöcke der Kinderreporter ziemlich vollgeschrieben und die Speicherkarten prall gefüllt. Dörling erteilt noch Arbeitsaufträge. Bis zur nächsten Sitzung im September muss jeder einen Text abliefern. Mit vollen Köpfen verlassen sie schließlich die Baustelle, während in den Katakomben der stillgelegten Fabrik Handwerker noch fleißig daran arbeiten, dass der Eröffnungstermin im Winter auch tatsächlich eingehalten wird.

Bildnachweis: Habermann/ ZVW

Was genau ist die Forscherfabrik?

In der Forscherfabrik Schorndorf kannst du selbst tüfteln und experimentieren. Du kannst Wassertornados erzeugen, Kugeln fliegen lassen und vieles mehr. Die Forscherfabrik Schorndorf ist speziell für Kinder im Alter zwischen 4 und 12 Jahren ausgerichtet, aber selbstverständlich darfst du deine Familie mitbringen. Und: Du kannst mit deiner Schulklasse oder Kindergartengruppe einen Experimentierkurs besuchen.

Beiträge von Groß und Klein